Samstag, 5. Mai 2012

Anmerkungen zu M. Kotin, Gotisch, Heidelberg 2012

In diesem Beitrag werde ich Anmerkungen zum neu erschienen Buch von Michail L. Kotin, Gotisch. Im (diachronischen und typologischen Vergleich, Heidelberg 2012 geben, die ich im Verlaufe meiner Lektüre immer weiter ergänzen werde. Dies scheint mir notwendig zu sein, da in diesem Buch Fragen zur historisch-vergleichenden Grammatik auf eine Art und Weise behandelt werden, die fassungslos macht, wobei meine Sorge ist, dass die in dem Buch vertretenen Ansichten durch die Publikation in diesem Verlag und in der Reihe salonfähig werden und (vor allem in Germanisten-Kreisen) weiterer Verbreitung finden könnten.

S. 13, Anm. 3 (auf den S. 421f.): Der Unterschied in den gr. Schreibungen zwischen -ou- und -u- wird auf Wurzelablaut zurückgeführt - es liegt vielmehr eine vielfach vorkommende graphische Varianz bei der Wiedergabe von germ. -u- vor. Wie aus dem Text auf S. 13 zu entnehmen ist, meint Kotin wohl eher die Namensform der Gauten, die in Ablaut zu der der Goten steht.
S. 14: germ. *terva (bei den Stammansätzen fehlt regelmäßig im Buch das -) ist nicht - wie suggeriert - die Vorform von got. triu, etc., die auf urgerm. *trewa- zurückgehen.
S. 18, Anm. 6 (S. 422f.): Wenn angenommen wird, dass die Schreibung Ulfila ohne anlautendes W- entweder eine nordgermanische Variante des Namens ist oder eine Art Kosename, wird übersehen, dass es sich dabei um eine Transkription der griechischen Namenslautung handelt (der Schwund des anlautenden w- vor u im Nordgerm. ist deutlich später, für den Verlust des anlautenden w- bei einem Kosenamen, hätte man gerne Parallelen gehabt, die vermutlich schwer beizubringen sind).
S. 19, Anm. 10 (S. 423f.): Das got.-lat. Gießener Fragment ist verschollen und somit nicht mehr in Gießen vorhanden; die Behauptung, dass das Fragment keine Aufnahme in Streitberg gefunden hat, ist nicht zutreffend - es findet sich im Nachtrag zum ersten Band.
S. 22: Ob die Eigenbezeichnung Guten als Beleg für ein frühes Auftreten der Vokalverengung oder der Konsonantenerhärtung angeführt wird, bleibt offen; es ist als Beispiel für beides ungeeignet.
S. 23: Wenn die Lautung -jan bei den sw.V. I damit erklärt wird, dass das Gotische die ursprüngliche Form des Suffixes behält, während das Suffix im Westgerm. reduziert wird und das sonantische Element verliert, wird die hierfür relevante Westgerm. Konsonantengemination mit der damit verbundenen Silbengrenzenverlagerung, die für den dann nachfolgenden Schwund von -j- verantwortlich ist, nicht erwähnt. Die ahd. Formen ner(r)ien, neren sollten in nerien, nerren geändert werden.
S. 29: Bei der Auflistung von Beispielen, die "Beibehaltung der Vokallänge in unbetonten Sibe" zeigen, wird übersehen, dass diese nicht parallel sind, da bei gib-ô-m eine ganze Endsilbe geschwunden ist (anders als bei wulfê)
S. 30: Dass Kürzen angeblich ohne weiteren Grund in manchen Formen synkopiert sind (dags < *dág-a-z), in anderen dagegen nicht (dágis < *dag-é-s), ist nicht richtig (und hat auch nichts - wie suggeriert - mit dem Akzentsitz zu tun) - die Gen.-Form geht auf *dages/za zurück, wobei das -e- wegen des nachfolgenden -a erhalten geblieben ist.
S. 36: Durch die Formulierung wird suggeriert, dass die Schreibung für /î/ (trotz griechischer Vorlage) einen Reflex des alten Diphthongs zeigen würde - im Griechischen war jedoch altes /ey/ zu /î/ geworden, die im Griechischen historisch beibehaltene Graphie ist im Got. zur Wiedergabe von got. /î/ übernommen worden.
S. 37: Ob die Schreibung für die Aufhebung "der Opposition zwischen Kürzen und Längen" zeigt, ist ungewiss - es könnte sich um eine lateinisch beeinflusste Schreibung handeln (vgl. Schreibungen wie für ).
S. 38: piskus, recte piscis; *gast-é-s, recte *gastes/za.
S. 39: Niemand geht mehr von einem überkurzen epenthetischem Vokal Schwa secundum bei den silbischen Resonanten im Uridg. aus.
S. 40: Das u von filu und faihu geht natürlich letztendlich auch auf eine Schwundstufe zurück.
S. 40-41: Der Ansatz eines Schwa primum in Wörtern stellt eine Indogermanistik von vor 50 Jahren dar.
S. 42: Der Ansatz uridg. *suîn- 'Schwein' ist sehr abenteuerlich. Beim Ausfall von Nasal scheint der ältere Ausfall in der Gruppe *Vnχ mit späteren Ausfällen im Nordseegermanischen in einen Topf geworfen zu sein.
S. 42ff.: Die Verbindungen uridg. *VHK, die Langvokale zur Folge haben, werden generell ignoriert.
S. 43, Anm. 36 (S. 434): Wenn für die Entwicklung von *ê > â im Nordisch-Althochdeutschen das 4.-6. Jh. angegeben wird, wird der runische Beleg -mâriz < *mêrijaz aus dem 2. Jh. übersehen. Im Altenglischen liegt eher eine Rückwandlung vor als ein beibehaltener Archaismus.
S. 44: Warum der Zusammenfall in a (< *o, *a) und ô (< *â, *ô) kein echter Lautwandel ist, sondern "idioethnisch-artikulatorisch bedingt" sein soll, bleibt unklar.
S. 47: Bei der schwierigen Erklärung langer und kurzer Auslautvokale wird die Silbenzahl nicht berücksichtigt (wulfe in zweiter, tawida < *-dôn in dritter Silbe).
S. 47-48: "Auch vor dem Konsonanten s, wo das Gemeingermanische den Ausfall des kurzen stammbildenden Vokals a bzw. i kennt, wird dieser im Gotischen synkopiert", recte "nicht kennt".
S. 49: Der Vokal *e wird lediglich vor r in der unbetonten Mittelsilbe zu a. Was daran ein "idioethnischer spontaner Lautwandel" sein soll, bleibt unklar. Dass das e vor r offen ausgesprochen wurde (sogar in erster Silbe), geht auch etwa aus lat.-germ. Arminius hervor.

13 Kommentare:

  1. In diesem Beitrag werde ich Anmerkungen zum neu erschienen Buch von Michail L. Kotin, Gotisch. Im (diachronischen und typologischen Vergleich, Heidelberg 2012 geben, die ich im Verlaufe meiner Lektüre immer weiter ergänzen werde. Dies scheint mir notwendig zu sein, da in diesem Buch Fragen zur historisch-vergleichenden Grammatik auf eine Art und Weise behandelt werden, die fassungslos macht, wobei meine Sorge ist, dass die in dem Buch vertretenen Ansichten durch die Publikation in diesem Verlag und in der Reihe salonfähig werden und (vor allem in Germanisten-Kreisen) weiterer Verbreitung finden könnten.

    Das Unterfangen ist mir sehr willkommen, ich bin bereit, über die grundsätzlichen Fragen oder auch Einzelstellen zu diskutieren, auch wenn die Rhetorik dieses Passus angesichts der konkreten Anmerkungen nur irritierend ist. Bisher gibt es keinen einzigen grundsätzlichen Kritikpunkt zu meinem Konzept außer einigen Bemerkungen zu konkreten Formen, die in ihrer absoluten Mehrheit insuffizient sind. Dies ist ein klassischer Versuch, das Kind mit dem Wasser auszuschütten. Ich hoffe nun, dass meine Antworten auf die konkreten Anmerkungen ebenfalls im Blog erscheinen werden, andernfalls halte ich Ihr Projekt für unfair.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sehr geehrter Herr Kotin,

      ich habe nichts gegen eine sachlich geführte Auseinandersetzung und lösche daher auch keine solchen Beiträge. Ich bitte Sie lediglich, in Zukunft persönliche Bemerkungen, wie die Bezichtigung der Skrupellosigkeit, zu unterlassen - solche Beiträge werde ich zukünftig löschen.

      Ich sehe keine Notwendigkeit mich mit großen Theorien oder Konzepten auseinanderzusetzen, wenn die Grundlagen, die zu solchen Theorien führen, Anlass zu Kritik geben. Ich fühle mich dem Husserlianischen Wissenschaftsprinzip verplichtet ("Wissenschaft ist immer Wissenschaft von unten, Arbeit von den Gründen zu den Höhen hinauf").

      Mit freundlichen Grüßen.

      Löschen
    2. Sehr geehrter Herr Schuhmann,

      ich freue mich, dass Sie bereit sind zur sachlichen Diskussion. Persoenliche Bemerkungen sind zwar in der Tat zu vermeiden, aber die Einleitung zu Ihren Anmerkungen gibt doch Anlass dazu, finden Sie nicht? Sie haben erst angefangen, meine Arbeit zu lesen, und machen von vornherein verallgemeinernde apodiktische Schlussfolgerungen zu ihrem Wert. Dabei schreiben Sie, Sie wuerden bei der weiteren Lektuere weitere Anmerkungen machen, um Ihre These unter Beweis zu stellen. Das nenne ich "gezieltes Lesen" und finde sowas nicht in Ordnung.
      Im zweiten Passus sind Sie wieder mal extrem kategorisch, obwohl Ihre Anmerkungen in ihrer absoluten Mehrheit - Sie werden es zugeben - ueberhaupt nicht irgendwelche Grundlagen betreffen, die zu meinen Theorien fuehren, mit einer Ausnahme (Wandel oder Entsprechung bei a, o), aber dazu habe ich schon Stellung genommen.

      Mit freundlichen Gruessen

      Löschen
  2. S. 13, Anm. 3 (auf den S. 421f.): Der Unterschied in den gr. Schreibungen zwischen -ou- und -u- wird auf Wurzelablaut zurückgeführt - es liegt vielmehr eine vielfach vorkommende graphische Varianz bei der Wiedergabe von germ. -u- vor. Wie aus dem Text auf S. 13 zu entnehmen ist, meint Kotin wohl eher die Namensform derGauten, die in Ablaut zu der der Goten steht.

    Genau das meine ich. Darüber hinaus schreibe ich in der Anm. 3 über die in der griechischen und lateinischen Schreibweise auftretenden Vokalformen, welche auf verschiedene Ablautvarianten hinweisen können. Die bei anderen Formen vorkommende graphische Varianz bei der Wiedergabe des germ. -u- steht im konkreten Fall meiner Interpretation nicht im Weg. Warum schreiben Sie aber nichts zu dem eigentlichen Anliegen dieser Anmerkung, nämlich der Annahme einer akustischen Kontamination von „Goten“ und „Volk“ und Feststellung einer Diskrepanz zwischen Eigenbezeichnung der Goten und (volksetymologischen) Angleichungen durch nichtgermanische Völker? Das ist das, was ich selbst hier an „Mehrwert“ sehe. Ist meine Annahme grundfalsch? Ist sie nicht der Rede wert? Bitte, sagen Sie doch etwas dazu, statt mit Formulierungen herumzuhantieren!

    S. 14: germ. *terva (bei den Stammansätzen fehlt regelmäßig im Buch das -) ist nicht - wie suggeriert - die Vorform von got. triu, etc., die auf urgerm. *trewa- zurückgehen.

    Aber bitte! Das habe ich ja nicht behauptet. Durch „vgl.“ weise ich natürlich lediglich auf etymologische Verwandtschaft hin und nicht etwa auf dieselbe Ablautstufe beider Wurzeln! Das versteht doch JEDER, der diese Stelle liest. Auch Sie haben es sehr wohl verstanden! Wozu dann solche scheinbaren „Korrigierungen“?
    Was möchten Sie damit zeigen oder beweisen?

    S. 18, Anm. 6 (S. 422f.): Wenn angenommen wird, dass die Schreibung Ulfila ohne anlautendes W- entweder eine nordgermanische Variante des Namens ist oder eine Art Kosename, wird übersehen, dass es sich dabei um eine Transkription der griechischen Namenslautung handelt (der Schwund des anlautenden w- vor u im Nordgerm. ist deutlich später, für den Verlust des anlautenden w- bei einem Kosenamen, hätte man gerne Parallelen gehabt, die vermutlich schwer beizubringen sind).

    Wenn im Gotischen das Substantiv wulfs mit w geschrieben wird, gibt es keinen Grund zur Annahme, dass der davon als Diminutivum abgeleitete Personenname ohne dieses ausgesprochen wurde. Das ist meine These, die ich dort vertrete. Die Transkription der griechischen Namenlautung ist dabei natürlich sekundär. Der Schwund des anlautenden -w- im Anord. ist deutlich später – als was? Als der angenommene Schwund im Gotischen bei Ulfila? Aber im Gotischen gibt es ja gar keinen Schwund vom anlautenden -w-!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dass die Schreibungen lat. -tth-, gr. -τθ- (nicht lat. -th-, gr. -θ-!) letztendlich auf die Form got. Gutþiuda* beruhen, ist nicht - wie Sie offenbar annehmen - Ihr Mehrwert, sondern findet sich schon längst in der Literatur (vgl. L. Rübekeil, Suebica. Völkernamen und Ethnos, Innsbruck 1992, S. 122).

      Löschen
    2. Ich freue mich, dass ich unabhaengig von dieser Arbeit, die ich nicht kenne (Sie werden doch zugeben, dass mein Literaturverzeichnis sehr umfangreich ist, was nicht ausschliesst, dass ich nicht ALLES kenne, was es zum Thema ueberhaupt gibt), zum gleichen Schluss gekommen bin.

      Löschen
  3. S. 19, Anm. 10 (S. 423f.): Das got.-lat. Gießener Fragment ist verschollen und somit nicht mehr in Gießen vorhanden; die Behauptung, dass das Fragment keine Aufnahme in Streitberg gefunden hat, ist nicht zutreffend - es findet sich im Nachtrag zum ersten Band.

    Finden Sie nicht, dass es etwas zu viel ist? Es geht ja DEUTLICH, EXPLIZIT um die Auflage von 1908, unter Berufung auf Krause! Was ist hier bitte nicht zutreffend?!

    S. 22: Ob die Eigenbezeichnung Guten als Beleg für ein frühes Auftreten der Vokalverengung oder der Konsonantenerhärtung angeführt wird, bleibt offen; es ist als Beispiel für beides ungeeignet.

    Wieso offen? Ich spreche von zwei Phänomenen – frühe Vokalverengung und frühe Konsonantenerhärtung. Für erstes steht die Form Guten (Sie haben Recht, diese Form ist nicht das passende Beispiel dafür, in der Nullstufe ist nichts anderes zu erwarten, es ist durch einen Irrtum an dieser Stelle erschienen), für zweites die Tatsache, dass stimmhafte Konsonanten im Auslaut erst in später niedergeschriebenen Schriftdenkmälern erscheinen (gabaírid) und bringe dafür respektive zwei separate Beispiele.

    S. 23: Wenn die Lautung -jan bei den sw.V. I damit erklärt wird, dass das Gotische die ursprüngliche Form des Suffixes behält, während das Suffix im Westgerm. reduziert wird und das sonantische Element verliert, wird die hierfür relevante Westgerm. Konsonantengemination mit der damit verbundenen Silbengrenzenverlagerung, die für den dann nachfolgenden Schwund von -j- verantwortlich ist, nicht erwähnt. Die ahd. Formen ner(r)ien, neren sollten in nerien, nerren geändert werden.

    An dieser Stelle handelt es sich nicht um die wg. Konsonantengemination, aber sie wird weiter sehr ausführlich behandelt, auch auf der Folie von Holtzmanns Gesetz im Gotischen (hier sehe ich persönlich einen guten Anlass für Ihren eventuellen Angriff!), S. 84 f. Der j-Schwund ist eben NACHFOLGEND, da ein Auslöser für Gemination nicht zeitgleich mit der Gemination verschwinden kann, daher ist die Zwischenstufe nerrien unentbehrlich.

    S. 29: Bei der Auflistung von Beispielen, die "Beibehaltung der Vokallänge in unbetonten Sibe" zeigen, wird übersehen, dass diese nicht parallel sind, da bei gib-ô-meine ganze Endsilbe geschwunden ist (anders als bei wulfê)

    Was gilt für Sie hier als „parallel“? Ich stelle zunächst fest, wie die Vokallänge in unbetonten Silben des GOTISCHEN aussieht. Wie dies nun mit der Silbenquantität verbunden ist, wird in der Anm. [23] thematisiert, die Sie hier gar nicht erwähnen, obwohl sie unmittelbar an der Stelle erscheint.

    S. 30: Dass Kürzen angeblich ohne weiteren Grund in manchen Formen synkopiert sind (dags < *dág-a-z), in anderen dagegen nicht (dágis < *dag-é-s), ist nicht richtig (und hat auch nichts - wie suggeriert - mit dem Akzentsitz zu tun) - die Gen.-Form geht auf *dages/za zurück, wobei das -e- wegen des nachfolgenden -a erhalten geblieben ist.

    Wo suggeriere ich „ohne weiteren Grund“? Wo wird suggeriert, dass in diesen konkreten Fällen die Apokope mit dem Akzentsitz verbunden ist? Leiten Sie das davon ab, dass ich das Akzentzeichen bei den rekonstruierten Formen setze? Oder von der früher getroffenen trivialen Feststellung, dass die Reduktion der Endsilben(vokale) generell mit dem Akzenttypwechsel verbunden ist?

    AntwortenLöschen
  4. S. 36: Durch die Formulierung wird suggeriert, dass die Schreibung für /î/ (trotz griechischer Vorlage) einen Reflex des alten Diphthongs zeigen würde - im Griechischen war jedoch altes /ey/ zu /î/ geworden, die im Griechischen historisch beibehaltene Graphie ist im Got. zur Wiedergabe von got. /î/ übernommen worden.

    Wo wird das „durch die Formulierung“ suggeriert? Ich schreibe ja GENAU DASSELBE, WAS SIE AM ENDE IHRES PASSUS! Das geht doch nicht, Sie wollen offenkundig statt der Argumente Ihre Lesraten meines Textes behandeln!

    S. 37: Ob die Schreibung für die Aufhebung "der Opposition zwischen Kürzen und Längen" zeigt, ist ungewiss - es könnte sich um eine lateinisch beeinflusste Schreibung handeln (vgl. Schreibungen wie für ).

    Daher habe ich es äußerst vorsichtig formuliert, was Sie wohl wissen, aber absichtlich nicht sagen und diese Stelle aus dem Kontext wegreißen. Trotzdem muss die Schrift ernst genommen werden, wenn wir überhaupt irgendwelche Schlussfolgerungen über die Lautqualität und -quantität ziehen möchten. Es war ja keine Zeit normierter Schrift, wo Buchstaben und Laute nur locker korrelieren!

    S. 38: piskus, recte piscis; *gast-é-s, recte *gastes/za.

    1. mein Druckfehler, 2. recte ohne Akzentzeichen? Warum? Ohne Exponenten-Hervorhebung durch - -? Warum?

    S. 39: Niemand geht mehr von einem überkurzen epenthetischem Vokal Schwa secundum bei den silbischen Resonanten im Uridg. aus.

    Das ist stark! Ich schreibe ja DEUTLICH, wann und wer das angenommen hat, auch in der darauf folgenden Anmerkung [31]. Warum zitieren Sie mich falsch? Warum soll ich diese frühere Theorie nicht erwähnen? Weil das Ihnen nicht gefällt? Oder stelle ich sie falsch dar? Glauben Sie sich auf diese skrupellose Art „salonfähig“ zu machen? Oder meinen Sie wirklich, dass nach Ihren Kommentaren mein Buch nicht gelesen wird, weil man Ihnen einfach glaubt, ich würde so schreiben, wie Sie es suggerieren?

    S. 40: Das u von filu und faihu geht natürlich letztendlich auch auf eine Schwundstufe zurück.

    Habe ich das in Zweifel gezogen? Und was hat Ihr „letztendlich“ mit diesem Passus von mir zu tun?

    S. 40-41: Der Ansatz eines Schwa primum in Wörtern stellt eine Indogermanistik von vor 50 Jahren dar.

    Nein, viel früher! Darf es deshalb nicht erwähnt werden? Oder was wollen Sie damit sagen?

    S. 42: Der Ansatz uridg. *suîn- 'Schwein' ist sehr abenteuerlich. Beim Ausfall von Nasal scheint der ältere Ausfall in der Gruppe *Vnχ mit späteren Ausfällen im Nordseegermanischen in einen Topf geworfen zu sein.

    „Abenteuerlich“ ist hier lediglich das versehentlich klein gedruckte u, sonst ist die wohl zu erwartende Aufteilung su-in-ós bzw. su-în-ós in diesem Fall entbehrlich, es geht ja verständlicherweise um den „reinen“ Stamm, die sich in die „Sau“-Wurzel und den adjektivischen -in/-în-Exponenten einteilen lässt.
    Der Ausfall der Nasale wird hier vom Mechanismus her erläutert, was insbesondere in der Anm. [33] gezeigt wird. Es ist somit nichts in einen Topf geworfen, da es sich keineswegs um Chronologie handelt, sondern lediglich um das „Prinzip“. Aber das verstehen Sie ja, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das hier ernst meinen.

    AntwortenLöschen
  5. S. 42ff.: Die Verbindungen uridg. *VHK, die Langvokale zur Folge haben, werden generell ignoriert.

    Ich behandle hier die Urformen konkreter gotischer Langvokale. Bitte zeigen Sie mir, bei welchen davon diese Verbindungen generell ignoriert werden!

    S. 43, Anm. 36 (S. 434): Wenn für die Entwicklung von *ê > â im Nordisch-Althochdeutschen das 4.-6. Jh. angegeben wird, wird der runische Beleg -mâriz < *mêrijaz aus dem 2. Jh. übersehen. Im Altenglischen liegt eher eine Rückwandlung vor als ein beibehaltener Archaismus.

    Das ist eine Diskussionsfrage. Sie kann mit einem runischen Beleg nicht apodiktisch eindeutig beantwortet werden. Ich formuliere in der Anm. [36] daher äußerst vorsichtig unter Berufung auf vorhandene einschlägige Literatur und ohne endgültigen Lösungsvorschlag. Das alles wird in dem Kommentar natürlich wie immer außer Acht gelassen. Eine Rückwandlung im Altenglischen ist nicht belegbar und m. E. sehr problematisch.

    S. 44: Warum der Zusammenfall in a (< *o, *a) und ô (< *â, *ô) kein echter Lautwandel ist, sondern "idioethnisch-artikulatorisch bedingt" sein soll, bleibt unklar.

    Zum ersten Mal wird eine These angefochten, die tatsächlich von mir stammt, in allen anderen Fällen wird suggeriert, dass andere Autoren gotischer Grammatiken nicht „salonfähig“ sind. Ich erkläre also nocheinmal, was in meinem Buch schwarz auf weiß steht, vgl. einen klaren Hinweis auf die „oben behandelte Korrelation der Kürzen“. Es geht um Folgendes. Manche Laute werden in bestimmten Dialekten einfach mit einer spezifischen Artikulation ausgesprochen, so ein sehr offenes o, das dem a ähnlich ist. Ich nehme an, dass das idg. kurze o in der Germania genau mit dieser Qualität artikuliert wurde. Daher ist es auch mit dem alten a zusammengefallen. Da das kurze o als selbständiges Phonem im Germanischen nicht vertreten ist, sondern stets Ergebnis des kombinatorischen Lautwandels ist (sei es gotische Brechung oder althochdeutsche Senkung des u), kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei germ. a um einen Laut handelt, in dem aus „idioethnischen“ Artikulationsgründen beide idg. Laute zusammengefallen sind.

    S. 47: Bei der schwierigen Erklärung langer und kurzer Auslautvokale wird die Silbenzahl nicht berücksichtigt (wulfe in zweiter, tawida < *-dôn in dritter Silbe).

    Zugegeben, die Erklärung ist „schwierig“, aber auch das Problem ist nicht leicht. Im gesamten Kapitel wird die Silbenzahl berücksichtigt, wo es für die konkrete Interpretation nötig ist. In diesem Passus geht es um Guchmans Erklärung der Reduktionen aus der Sicht einer „geschützten“ und „ungeschützten“ Position die ich einfach referiere. Der Vorwurf, die Silbenzahl dabei nicht berücksichtigt zu haben, ist einfach unverständlich.

    S. 49: Der Vokal *e wird lediglich vor r in der unbetonten Mittelsilbe zu a. Was daran ein "idioethnischer spontaner Lautwandel" sein soll, bleibt unklar. Dass das e vor roffen ausgesprochen wurde (sogar in erster Silbe), geht auch etwa aus lat.-germ.Arminius hervor.

    Dasselbe, was ich bezüglich idg o = germ. a geschrieben habe (siehe oben). Dass es auch in anderen Sprachen passieren kann, ändert nichts an der Grundthese, es sind überall Isoglossen dieser Art feststellbar. Sie schreiben ja selber, dass das e in dieser Position „offen ausgesprochen wurde“. Nun ist diese „offene Aussprache“ von e – Sie werden es wohl zugeben – kein Allophon des e im Gotischen, es fällt da mit dem „normalen“ a zusammen, das ja Phonemstatus hat.

    AntwortenLöschen
  6. Summa summarum: Was macht nun mein Buch nicht „salonfähig“? Allein Ihr Wunsch, dies so darzustellen, reicht wohl kaum aus, so stark er auch sein mag.

    Ich freue mich auf Ihre weiteren Kommentare, Material dafür wird meine Arbeit Ihnen wohl in Fülle bieten. Aber auch ich behalte mir das Recht vor, darauf antworten zu dürfen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michail L. Kotin

    AntwortenLöschen
  7. Zu Gen. Sg. gastes/za noch. Woher wissen wir, dass diese Form im Gemeingermanischen tatsaechlich vorhanden war? Das a im ungeschuetzten Auslaut koennte ja bereits in fruehgermanischer Zeit synkopiert worden sein, auch in der genuinen indogermanischen o-Gestalt sogar, also auch fruehgerm. gast-es/z-o ist im Prinzip nicht ausgeschlossen.

    AntwortenLöschen
  8. O, Verzeihung. Statt synkopiert soll es natuerlich apokopiert heissen, nehmen Sie das bitte nicht zum Anlass fuer weitere Vorwuerfe! Ich habe mich verschrieben!

    AntwortenLöschen
  9. Ich habe geglaubt, Arminius kommt vom blauen Mineral armenium? (Offenbar hatte der gute Mann blaue Augen.)

    AntwortenLöschen